Definition
Bei einem Langen-QT-Syndrom (engl. long-QT syndrome) besteht eine erhöhte Neigung zum Auftreten tachykarder Herzrhythmusstörungen vom Typ der Torsade de pointes, ohne dass strukturelle Veränderungen des Herzens vorliegen. Die erhöhte Arrhythmieneigung basiert auf einer Instabilität des kardialen Aktionspotenzials, das abnorm verlängert ist. Im Oberfächen-EKG findet sich die als pathognomonisch zu bezeichnende QT/QTc-Verlängerung.
Grundlagen
Der abnormen Verlängerung des kardialen Aktionspotenzials liegen Mutationen in Genen zurunde, die für Ionenkanäle und funktionell hiermit assoziierte Proteine kodieren. Deshalb wird auch von einer Ionenkanalerkrankung oder Kanalopathie gesprochen. Mittlerweile wurden mehr als 17 Gene identifiziert, von denen man meint, dass sie krankheitsverursachend sein können. In etwa 70-80 % der Fälle lässt sich eine krankheitsverursachende oder wahrscheinlich krankheitsverursachende Genvariante identifizieren. 80-90 % der identifizierten Genvarianten betreffen die Gene KCNQ1 (LQT1), KCNH2 (LQT2) und SCN5A (LQT3). Weiterlesen…
Klinische Präsentation
Die Prävalenz des Long-QT-Syndroms beträgt etwa 1:2.000. Somit ist in Deutschland von schätzungsweise 40.0000 Betroffenen auszugehen. Die Erkrankung manifestiert sich in erster Linie im Kindes- und jungen Erwachsenenalter. Klinisch stehen Synkopen und plötzliche Todesfälle im Vordergrund. Oft, leider keinesfalls immer, gehen Synkopen dem letzteren voraus. Bei adäquater ärztlicher Betreuung und regelrechter Behandlung sind bösartige Krankheitsverläufe heute selten. Weiterlesen …
Diagnostik
Die Diagnose basiert im Wesentlichen auf dem elektrokardiografischen Nachweis einer Verlängerung des frequenzkorrigierten QT-Intervalls (QTc), die nicht anderweitig erklärt werden kann (Medikamente, Serum-Hypokaliämie etc.). In 60-70 % der Fälle lässt sich mittels molekulargenetischer Diagnostik ein verändertes Gen finden. Um die Diagnose stellen zu können, müssen sekundäre Ursachen für eine QT/QTc-Verlängerung (z. B. eine Therapie mit QT-verlängernde Medikamente oder eine Serum-Hypokaliämie) zuvor ausgeschlossen worden sein. Weiterlesen …
Management
Alle Patienten mit einem verlängerten QTc-Intervall sollten eher einen Betablocker erhalten, sofern sich diesbezüglich keine Kontraindikationen ergeben. Mit einem Betablocker kann eine drastische Reduktion von klinischen Ereignisses erreicht werden. Treten trotzdem Rhythmusstörungen auf, wird ein Kardioverter/Defibrillator implantiert. Dies ist auch immer dann der Fall, wenn ein Herz-Kreislaufstillstand überlebt wurde (unabhängig davon, ob ein Betablocker eingenommen wurde oder nicht). Bei schwerwiegenden Verläufen (häufige spontane Arrhythmien) kann eine chirurgische Sympathektomie notwendig werden. Weiterlesen …
Besondere Aspekte des Managements
Besondere Aspekte des Managements (für weitere Informationen bitte jeweils anklicken) ergeben sich bei Notfällen, hinsichtlich zu vermeidender Medikamente, während und nach einer Schwangerschaft und in der Stillzeit, bei Interventionen und Operationen und bezüglich sportlicher Aktivitäten.
Nachsorge
Üblicherweise erfolgen Nachkontrollen bei symptomatischen und nicht-symptomatischen Patienten mit einem Long-QT-Syndrom bis zum 21. Lebensjahr jährlich (und natürlich bei Bedarf). Bei Patienten mit implantierten Aggregaten bestimmen die hierbei notwendigen Kontrollen die Nachsorge. Bei asymptomatischen erwachsenen Patienten im Erwachsenenalter können die Abstände verlängert werden. Jeder Patient mit einem Langen-QT-Syndrom sollte wenigstens einmal in einer Spezialambulanz vorstellig werden. Weiterlesen …
Maßgebliche Leitlinien und Konsensudokumente
Al-Khatib SM, Stevenson WG, Ackerman MJ, et al. 2017 AHA/ACC/HRS guideline for management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Circulation 2018;138:e272-e391. Link #77
Priori S, Wilde A, Horie M, et al. HRS/EHRA/APHRS expert consensus statement on the diagnosis and management of patients with inherited primary arrhythmia syndromes. Heart Rhythm 2013;10:1932–63. Link
Wilde AAM, Semsarian C, Márquez MF, et al. Expert Consensus Statement on the state of genetic testing for cardiac diseases. Europace 2022;24:1307-1367. Link
Zeppenfeld K, Tfelt-Hansen J, et al. 2022 ESC guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 2022:43:3997–4126. Link
Ausgewählte Literatur
Kaufman ES, Eckhardt LL, Ackerman MJ, et al. Management of congenital long-QT syndrome: commentary from the experts. Circ Arrhythm Electrophysiol 2021;14:e009726. Link
Haverkamp W, Schulze-Bahr E, Hördt M, et al. QT-Syndrome: Aspekte zur Pathogenese, molekularen Genetik, Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl 1997; 94: A-667. Link